Wirtschaftspolitik nach Corona
Wir stehen vor einem Paradigmenwechsel in der Sozial-, Wirtschafts- und Finanzpolitik. Die nächsten Jahre werden im Zeichen eines Corona-Krisenmanagements stehen, bei dem Fragen einer klugen, effizienten und gerechten Politik zentral sein müssen. Die pandemiebedingte Aufnahme von Schulden war und ist notwendig, um die gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie abzufedern.
Die Schwarze Null muss jetzt auch langfristig durch eine Investitionsregel ersetzt werden, da ein verschlafener Klimaschutz und eine marode Infrastruktur die nachfolgenden Generationen stärker belasten, als Staatsschulden – die auch angesichts niedriger Zinsen gut bedient werden können. Zudem dürfen wir die nachfolgenden Generationen nicht durch Fehlinvestitionen belasten, die auf überholten fossilen Technologien beruhen. Auch große transnationale Konzerne und Superreiche müssen angemessen zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen.
Eine faire Lastenteilung ist zentral, um Handlungsspielräume nach der Pandemie zu nutzen und einen besseren sozialen Ausgleich zu schaffen. Für echten Klimaschutz braucht es kluge wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen: Einen angemessenen CO2-Preis, den konsequente Ausbau von Wind- und Solarenergie, den Abbau klimaschädlicher Subventionen. An einem Umbau unserer Wirtschaft führt kein Weg vorbei.
Diesen Umbau möchte ich sozial-ökologisch gestalten und durch kluge Rahmenbedingungen Menschen und Unternehmen den Umstieg auf eine emissionsfreie und nachhaltige Lebens- und Produktionsweise ermöglichen.
Armut überwinden
Die Pandemie hat schonungslos offengelegt, dass unser soziales Sicherungssystem an seine Grenzen gerät. Lebens- und Arbeitsbedingungen von Geringverdiener*innen, Hartz IV-Bezieher*innen und Alleinerziehenden finden derzeit in den politischen Debatten und Entscheidungen unzureichend Berücksichtigung - vor allem in der Pandemie.
Armut und soziale Ausgrenzung sind in einem reichen Land wie Deutschland inakzeptabel. Löhne sind noch immer viel zu niedrig, vor allem in Sachsen und den neuen Bundesländern. Der Niedriglohnsektor ist nicht nachhaltig.
Zu niedrige Löhne sind nicht nur ungerecht und einem reichen Land wie Deutschland unwürdig, sie stürzen Menschen auch in die Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen. Ich möchte den Mindestlohn sofort auf 12 Euro anheben. Gerechte Löhne sind die Voraussetzung dafür, dass Menschen heute und im Alter gut leben können und zentral, um ALLE bei dem sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft mitzunehmen.
Mit einer Grünen Garantiesicherung überwinden wir Hartz IV und ersetzen es durch ein System, das Menschen auf Augenhöhe unterstützt. Statt auf Druck und Sanktionen setzen wir auf Vertrauen. Ziel muss sein, Armut in diesem Land zu überwinden und das soziale Existenzminimum für alle Menschen zu garantieren.
Nur wenn wir es schaffen, Armut und Prekarität zu überwinden, schaffen wir mehr Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen, echten sozialen Frieden und ein wirkliches Miteinander in der Gesellschaft.
Lebensverhältnisse angleichen
Beim sozial-ökologischen Umbau unserer Wirtschaft dürfen bestehende Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland sowie zwischen Stadt und Land nicht vergessen werden. Denn von tatsächlich gleichwertigen Lebensverhältnissen sind wir noch weit entfernt. Nach 30 Jahren Einheit stellen wir fest, dass wir gerade in den neuen Bundesländern mit niedrigeren Löhnen sowie mangelnder politischer und ökonomischer Repräsentation zu kämpfen haben. Diese Themen gehören in den Mittelpunkt der politischen Diskussion.
Die Stärkung der Tarifbindung und funktionierende Anreize für deutlich mehr Menschen aus den neuen Bundesländern in Führungspositionen, eine funktionierende Infrastruktur und gute Gesundheitsversorgung gerade in den ländlichen Regionen sind essenziell, um Lebensverhältnisse anzugleichen.
Die Stärkung der ländlichen Regionen ist zentral, um die großen Zukunftsherausforderungen zu meistern und die Menschen bei ambitionierten Zukunftsvorhaben mitzunehmen. Gerade der ländliche Raum birgt für die sozial-ökologische Transformation unserer Wirtschaft ein enormes Potential.
Politische Entscheidungsträger*innen stehen in der Verantwortung für angemessene Rahmenbedingungen zu sorgen. Wenn wir es schaffen, kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen mit klimafreundlichen und nachhaltigen Technologien weltmarktfähig zu machen und bestehende Potentiale auszuweiten, können Sachsen und die neuen Bundesländer einen aktiven Beitrag zu unserem neuen grünen Wachstumsmodell beitragen.
Klare Kante gegen Rechts
Dass eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei mittlerweile in allen Landesparlamenten sitzt und in Sachsen regelmäßig rechtsradikale und rechtsextreme Aufmärsche stattfinden, beschämt mich zutiefst.
Wir haben im gesamten Bundesgebiet ein fundamentales Problem mit Rechtsextremismus, auch hier in Sachsen. Der Kampf gegen Rechtsextremismus, gegen Rassismus, Antisemitismus und alle menschenfeindlichen Ideologien ist ein Grundpfeiler unserer offenen Gesellschaft.
Es gibt mir Hoffnung, dass sich hier in Leipzig und in Sachsen viele Menschen, Bündnisse und Initiativen für Vielfalt, Gerechtigkeit, Toleranz und demokratische Werte engagieren. Doch noch immer wird dieses Engagement nicht hinreichend unterstützt oder sogar kriminalisiert. Ich möchte, dass die lauten Stimmen für unsere Demokratie Gehör finden und Menschen gemeinsam auf die Straße gehen, egal ob jung oder alt.
Die vielen mutigen Menschen, die sich dem Rechtsruck der Gesellschaft entgegenstellen, dürfen ihren Mut nicht verlieren und brauchen Rückenwind aus der Politik. Antifaschismus muss gesamtgesellschaftlicher Konsens werden.
Europa weiterentwickeln
Die Errungenschaften der europäischen Integration sind historisch: Seit mehr als 70 Jahren leben die Europäer*innen in Frieden miteinander. Die großen Herausforderungen der Zukunft: Klimaschutz, Welthandel, Digitalisierung, sozial-ökologischer Umbau unserer Wirtschaft werden wir nicht national lösen, sondern nur europäisch.
Doch damit die Europäische Union tatsächlich dauerhaft Frieden, Sicherheit und Menschenrechte für ALLE Menschen garantieren kann, müssen wir die EU weiterentwickeln. Menschen- und Bürger*innenrechte müssen überall gelten - egal ob in Deutschland, in Ungarn, Polen oder an den europäischen Außengrenzen.
Der Green Deal der Europäischen Union muss konsequent umgesetzt werden und europäische Mittel an dem gemeinsamen europäischen Klimaziel orientiert sein. Die Werte, die wir als Europäer*innen leben, müssen wir ebenso nach außen vertreten.
Eine menschenunwürdige Asyl- und Migrationspolitik, unfaire Handelspraktiken oder extreme soziale Ungleichheit müssen wir aktiv europäisch verhindern und gleichzeitig europäische Antworten auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen finden. Es reicht nicht aus, nur den Status Quo zu verwalten. Um diese Ziele auch zu erreichen, möchte ich die EU konsequent verändern und weiterentwickeln.